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Kampagne gegen die Straflosigkeit

Gerechtigkeit heilt

Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.

Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum
Presseerklärung 6.4.2004

Veranstaltungsankündigung

"Gerechtigkeit heilt" – der Kampf gegen Straflosigkeit in Honduras
Veranstaltung mit Dr. Ramon Custodio Lopez

Dienstag, 13.04., 19.30 Uhr, Bahnhof Langendreer


In den 80er Jahren wurde Honduras für die USA zur militärisch-logistischen Drehscheibe im Krieg gegen Nicaragua, El Salvador und Guatemala. Die Menschenrechtsverletzungen erreichten in der ersten Hälfte der Dekade ihren Höhepunkt. Während nach 1984 die Berichte über politischen Mord und das "Verschwinden" von Oppositionellen in Polizeihaft zurückgingen, richtete sich die staatliche Repression stärker gegen jene, die die Aufklärung der Verbrechen einforderten.

MenschenrechtlerInnen wie Dr. Ramon Custodio Lopez wurden wiederholt selbst Ziel staatlicher Übergriffe. Als ehemaliger Präsident des honduranischen Menschenrechtskomitees CODEH fand sich sein Name auf der Liste der Todeskandidaten der Todesschwadron "Battalion 3-16". Zweimal explodierten Bomben in den Büros der CODEH. Ramon Custodio erhielt zahlreiche Todesdrohungen, per Telefon, per Post und in großen Lettern an die Wand seines Wohnhauses gepinselt. Im Januar 1989 überlebte seine Frau nur durch Glück unverletzt die Schüsse, die auf ihr Auto abgegeben wurden. Der Arzt selbst entging drei Sprengstoffattentaten an seinem Arbeitsplatz im Oktober 1996, während seine Tochter bei einem der Anschläge ums Leben kam.

Zwar wurden im Zuge der Demokratisierung ab Mitte der Neunziger Jahre durchaus Erfolge im Kampf gegen die Straflosigkeit von Menschenrechtsverbrechen aus der Zeit der Militärdiktaturen erzielt, nennenswerte Fortschritte stehen jedoch noch aus. Es gelang seinerzeit, die Entmilitarisierung und Demokratisierung des Landes ein kleines Stück voran zu bringen. Gegen 25 Militärs wurden Gerichtsprozesse eröffnet, das Armeebattalion 3-16 und die für die Repression in den 80ern verantwortliche Polizei D.N.I. wurden aufgelöst, das Parlament stellte fest, dass Staatsorgane von einer Amnestie ausgenommen werden müssen, die Wehrpflicht wurde abgeschafft und durch einen "Demokratischen Dienst" ersetzt, geheime Friedhöfe wurden entdeckt und das Schicksal einzelner "Verschwundener" aufgeklärt, das Militär wurde einer zivilen Kontrolle unterstellt. Verschiedene Gesetzesnovellen leisten der Unabhängigkeit der Gerichte Vorschub. 1999 wurden mehrere Gräber ausfindig gemacht, die die sterblichen Überreste von einigen in den 80er-Jahren "verschwundenen" Menschen enthalten sollen.

Dessen ungeachtet haben Gerichte umstrittene Entscheidungen zu Gunsten mehrerer im Zusammenhang mit den "Verschwundenenfällen" angeklagter Armeeangehöriger erlassen, indem sie sie straffrei ausgehen ließen, die Anklagen reduzierten oder Amnestiegesetze anwendeten, die mit der Verpflichtung der honduranischen Regierung, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und die Täter zu bestrafen, unvereinbar sind. Umso mehr ist eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Honduras von Ende Juni 2000 zu begrüßen. Der Gerichtshof entschied, dass die Amnestiegesetze auf die Menschenrechtsverbrechen des Mordversuches, der Folter sowie der unrechtmäßigen Inhaftierung von sechs Studenten keine Anwendung finden kann. Die Erste Strafkammer in der Hauptstadt Tegucigalpa hatte 1998 noch entschieden, dass das Amnestiegesetz aus dem Jahre 1991 Anwendung finden muss. Folglich - so das Gericht - könnten auch keine Strafen verhängt werden. Gegen diese Entscheidung war mehrfach Berufung eingelegt worden.

Organisationen wie das Menschenrechtskomitee CODEH versuchen daher weiterhin mit Geduld und Zähigkeit, die VerbrecherInnen vor Gericht zu stellen. Eine wesentliche Rolle hierbei spielt Dr. Ramon Custodio Lopez. Zuletzt beschuldigte er Anfang März in seinem Bericht für den Kongress auch das "inkompetente Justizsystem", welches durch die Straffreiheit die Gewalt im Lande nähre.

Dr. Ramon Custodio Lopez ist Arzt und "Nationaler Beauftragter für Menschenrechte" des honduranischen Nationalkongresses und Vizepräsident des "Zentralamerikanischen Rates der Menschenrechtsanwälte". Früher war er Präsident der "Zentralamerikanischen Kommission zur Verteidigung der Menschenrechte" (CODEHUCA) und Präsident des "Komitees zur Verteidigung der Menschenrechte in Honduras" (CODEH). Er ist anlässlich der Sitzung des UN-Menschenrechtsausschusses, an der er vom 14.-16. in Genf teilnimmt, in Europa. Im Rahmen der Kampagne "Gerechtigkeit heilt" hat die Medizinische Flüchtlingshilfe ihn nach Bochum eingeladen, um über den Kampf gegen Straflosigkeit in Honduras zu sprechen. In seinem Vortrag wird er speziell auf die gesundheitliche Bedeutung des Kampfes gegen Straflosigkeit für die Überlebenden von Menschenrechtsverbrechen eingehen.

Veranstaltungsort:
Bahnhof Langendreer Bochum - Zentrum für Soziokultur
Wallbaumweg 108
44894 Bochum


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