Vor bald 30 Jahren, am 11. September 1973, putschte unter Regie der CIA das chilenische Militär
unter Führung von General Augusto Pinochet gegen die gewählte Regierung. Die USA, das
chilenische Militär und die Oberschicht wollten endlich Schluss machen mit den sozialen
Reformen, die das Land seit 1970 erlebte, nachdem ein breites linkes Parteienbündnis den
Sozialisten Salvador Allende zum Präsidenten gewählt hatte. Unzählige wurden
verhaftet und gefoltert, umgebracht oder "verschwanden" gänzlich in Polizeihaft, ohne dass ihr
weiteres Schicksal bis heute bekannt wurde. Die sozialen Bewegungen wurden zerschlagen und Tausende
politisch Verfolgter flüchteten ins Ausland.
Dieser Tag vor 30 Jahren war in vielerlei Hinsicht einschneidend. In erster Linie für die
chilenische Linke, aber auch für die emanzipatorische Bewegungen weltweit und mittlerweile
nicht zuletzt für fast den ganzen Globus, denn im Gefolge des Militärputsches wurde Chile
zum Experimentierfeld für jene neoliberale Offensive, die heute den Planeten überzieht.
Wir wollen in dem Zeitraum 11.-13. September die Ereignisse von damals und den Widerstand gegen die
Diktatur Revue passieren und ZeitzeugInnen zu Wort kommen lassen. Mit Hilfe von ReferentInnen soll
der Bogen bis heute gespannt werden und die Auswirkungen des Neoliberalismus in Chile, in
Lateinamerika und auch hier bei uns in Europa thematisiert werden. Und wir möchten einen Teil
des Programms den sozialen Kämpfen widmen, die sich aus der weltweiten neoliberalen Offensive
als Gegenwehr ergeben. Ein weitereres Thema das eng mit dem 11. September verknüpft ist, ist
der Kampf gegen die Straflosigkeit, der Versuch von Menschenrechtsorganisationen, die
TäterInnen vor Gericht zu stellen und sie für ihre Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.
Der Einritt bei allen Veranstaltungen ist frei.
Donnerstag 11.09.03
17:45 Uhr (Achtung Änderung) Kino Endstation
Film: "Missing - Vermißt" (Costa Gavras USA 1981, 120 Min.)
20:30 Uhr Raum 6
"30 Jahre danach, der Kampf gegen Straflosigkeit geht weiter" Knut Rauchfuss
Der Spielfilm "Missing" von Costa Gavras schildert die Ereignisse rund um den Militärputsch und
legt einen Schwerpunkt auf die von der Junta verübten Menschenrechtsverletzungen und die
Verstrickungen der CIA. Im Anschluss wird der Arzt und Journalist Knut Rauchfuss von der
Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum einen Vortrag über den Kampf von
Menschenrechtsorganisationen gegen die Straflosigkeit heute in Chile halten. Er ist
Mitbegründer der "Ethischen Kommission gegen die Folter" in Chile.
Freitag 12.09.03
Halle
18:30 - 20:00 Uhr
Konzert: "Triptico" Musik aus Chile
20:00 - 20:30 Uhr
Dichterlesung: Pedro Holz
20:30 - 22:00 Uhr
Konzert: "Piray" Musik aus Chile und Lateinamerika
Triptico verwendet lateinamerikanische Klänge, die sie mit Jazz- und Klassikeinflüssen
fusionieren lassen. Ihre Lieder binden eine Mischung aus schwarzem Humor, Ironie und Satire, richten
sich gegen Diktatur und Unterdrückung.
Piray wurde 1979 im Exil gegründet. Ihr Name rührt von jenem Fluss in Bolivien her, an dem
Ernesto Ché Guevara ermordet wurde. Piray ist untrennbar mit der internationalen
Solidarität für den Widerstand in Chile und anderen lateinamerikanischen Ländern
verknüpft.
Zwischen den Auftritten der beiden Musikgruppen wird der Schriftsteller Pedro Holz Kurzgeschichten
aus der "kleinen Welt des Herrn Kaiser" lesen, die er zuletzt veröffentlichte. Nach seiner
Flucht aus Chile, wo er nach dem Militärputsch inhaftiert war, lebte Pedro Holz von 1974 bis
1989 in Bochum im Exil.
Samstag 13.09.03
13:00 - 15:45 Uhr Raum 6 oder Halle
"30 Jahre Militärputsch in Chile eine Bilanz"
Podiumsdiskussion mit Pedro Holz, Gloria Saldias, Olaf Kaltmeier, Anamaria Diaz, Carlos
Sanhueza-Bunge, u.a.
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion diskutieren Prof. Dr. Fernando Mires, Reinhart Kössler,
Anamaria Diaz, Olaf Kaltmeier und Gloria Saldias
Carlos Sanhueza-Bunge ist 1974 aus Chile exiliert und lebt seit Anfang der 80er Jahre in Hamburg.
Zur Zeit der Unidad Popular war er Aktivist des linksrevolutionären Bewegung MIR in der
südchilenischen Provinz Concepción.
Heute arbeitet er politisch in der Bundesrepublik Deutschland.
Gloria Saldias flüchtete als Kind mit ihren Eltern nach Bochum, wo sie bis heute lebt und als
Erzieherin arbeitet. Ihre Bilanz wird sie stellvertretend für die Erfahrungen der "2.
Generation" ziehen.
Olaf Kaltmeier arbeitet am Institut für Theologie und Politik in Münster, ist seit Jahren
in der Chile-Solidarität aktiv. Er gibt die Zeitschrift "Solidaridad" heraus.
Anamaria Diaz ist Psychologin und Politikwissenschaftlerin. Sie musste in den Siebziger Jahren in
die Bundesrepublik fliehen. Bis heute ist sie als linke Feministin politisch aktiv.
16:00 - 17:00 Uhr Raum 6
"Neoliberalismus: eine Weltseuche aus Pinochets Labor" Hans-Jürgen Burchardt
Hans-Jürgen Burchardt wird mit seinem Vortrag den Bogen schlagen, zu den Folgen, die das
chilenische Experiment für die weltweite Ökonomie bis heute hat. Er ist Soziologe,
Ökonom und Privatdozent an der Universität Hannover. Sein Schwerpunkt sind die
Ökonomien Lateinamerikas.
17:15 - 19:00 Uhr Raum 6 "
30 Jahre Widerstand: soziale Bewegungen in Chile heute" Oscar Barahona Vega und German
Mondragon Gonzalez Vega von UKMAU / Santiago de Chile
Direkt aus Chile berichten Oscar Barahona Vega und German Mondragon Gonzalez vom Widerstand heute.
Beide kommen aus Santiago und arbeiten für das selbstverwaltete Zentrum UKMAU. UKMAU
organisiert seit 30 Jahren den Widerstand gegen die Diktatur und das neoliberale System
19:00 Uhr Raum 6
Ernesto Simpson
Musik aus Chile
VeranstalterInnen und UnterstützerInnen:
Bahnhof Langendreer, Ludwig Quidde Forum, bo-alternativ.de, Medizinische Flüchtlingshilfe
Bochum, Humanitäre Cubahilfe, amnesty international Hochschulgruppe, Bochumer Friedensplenum,
attac-Bochum, Freiraum Bochum, Nord-Süd-Büro im Bahnhof Langendreer, Promondial,
labournet-germany, notstand, VVN/BdA Bochum, JungdemokratInnen/Junge Linke, Chile-Gruppe Dortmund,
Mit der finanziellen Unterstützung der LAG Soziokultur aus Landesmitteln und der Bar "Havanna"
Bochum
Auch nach 30 Jahren nicht vergessen!
Ein Dossier des LabourNet Germany zum 11. September 2003
"Eher früher als später werden sich die großen Alleen öffnen, auf denen der
freie Mensch schreitet, um eine neue Gesellschaft aufzubauen"
Letzte Worte von Salvador Allende, Santiago de Chile, 11.9.73