2.4.03, Westdeutsche Allgemeine Zeitung Bochum
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Yilmaz´ Berufung erhitzt die Gemüter an der Ruhr-Uni

Voll besetzt waren die Besucherreihen bei der gestrigen Pressekonferenz, die
die Ruhr-Uni zur Vorstellung ihres neuen Gastprofessors gab. Der
Ex-Ministerpräsident der Türkei, Mesut Yilmaz, musst sich kritische Fragen
gefallen lassen.

Er tat das souverän, im Stil eines Staatsmannes. Yilmaz, der vorzüglich
Deutsch spricht, sah sich kaum gefordert, inhaltlich zu seinen Plänen an der
Ruhr-Universität zu sprechen. Das war schnell abgehakt. Er wird im kommenden
Sommersemester und im Wintersemester 2003/04 Themen wie "Die Türkei und
Europa", "Das Neben- und Miteinander der Religionen" sowie "Politische
Entwicklungen im Mittelmeer-Raum" in Seminaren, Vorträgen und
Gesprächskreisen behandeln (siehe Bericht im Hauptteil). "Studierende, die
sich mit der Zukunft der Demokratie in und um Europa beschäftigen, werden
sich für diese Veranstaltungen interessieren", hofft Prof. Ilse Lenz,
Dekanin der Fakultät für Sozialwissenschaften, an der Yilmaz im Fach Politik
wissenschaften lehren und forschen wird.

Dass Yilmaz´ Person und sein Forschungsgebiet für Kontroversen sorgen
werden, davon ist auszugehen. Schon der kurze Presse-Termin gestern bot
Diskussionsstoff genug. Immer wieder wurde Yilmaz nach seiner Rolle und der
Verantwortung der türkischen Regierung in Sachen Kurden-Politik gefragt.
Unbestritten ist, dass die Minderheit in den 90er Jahren - also unter
Yilmaz´ Ägide - verfolgt und vom Militär bekämpft wurde. Auch die Frage, ob
die Menschenrechte wirklich eine Chance haben werden, sollte die Türkei
EU-Vollmitglied sein, brannte auf den Nägeln.

Yilmaz wies solche Anwürfe von sich: "Alle Vorwürfe gegen Geschehnisse in
meiner Amtszeit sind falsch", beschied er das Auditorium. Vielmehr seien von
seiner Regierung Reformen auf den Weg gebracht worden, die
Menschenrechts-Verletzungen verhindern helfen sollen. Yilmaz sieht die
"einzige Chance" für die Türkei in einer Zug um Zug aufzubauenden
pluralistischen Demokratie.

"Unser Staatswesen muss vom Respkt vor den Menschenrechten und von Respekt
vor ethnischen Freiheiten geprägt sein." Das gelinge am einfachsten durch
den EU-Beitritt.

Kommentar 2. Lokalseite
Von Jürgen B. Süßmann