Presseerklärung des Bündnis für Menschenrechte an der Ruhr-Universität
25.11.2003



Ruhr-Universität auf verdecktem Rückzug
Ehemaliger türkischer Ministerpräsident kehrt nicht an die RUB zurück
Bündnis für Menschenrechte an der RUB beobachtet weitere Entwicklungen aufmerksam


Der ehemalige türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz wird im Wintersemester 2003/2004 nicht an die Ruhr-Universität Bochum (RUB) zurückkehren.
Seit dem vergangenen Sommersemester protestiert ein breites Bündnis gegen die Gastprofessur des ehemaligen Ministerpräsidenten, der für die während seiner Amtszeiten begangenen Menschenrechtsverbrechen in der Türkei verantwortlich gemacht wird. Unter dem Motto „Anklagebank statt Lehrstuhl“ fordert das Bündnis die Universität seither auf, die Gastprofessur zurückzuziehen. Gleichzeitig wirft das Bündnis Yilmaz die langjährige Zusammenarbeit mit dem organisierten Verbrechen in der Türkei vor.

Obgleich ein Untersuchungsausschuss des türkischen Parlamentes Yilmaz im Laufe des Sommers der Korruption in großem Umfang für schuldig befand und die Anklageerhebung vor türkischen Gerichten einleitete, wollte sich die Universität zunächst nicht von ihrem Gastprofessor distanzieren. Offiziell ist dies auch bis heute nicht geschehen. Jedoch zeichnet sich für das Wintersemester ein schleichender aber deutlicher Rückzug der Universität ab.
Ursprünglich war Yilmaz für das Wintersemester mit einer dauerhaften Anwesenheit an der RUB eingeplant. Im neuen Vorlesungsverzeichnis jedoch ist der als Menschenrechtsverbrecher beschuldigte Gastprofessor lediglich noch an zwei Tagen mit einem Seminar vertreten, welches obendrein nicht an der Bochumer Universität, sondern in der Türkei sowie an einem weiteren, derzeit noch geheimgehaltenen Veranstaltungsort stattfindet. Das Bündnis für Menschenrechte hat diese Angaben in den vergangenen Wochen überprüft. Weitere Veranstaltungen wird es nicht geben.
Auch erwies sich der Büroraum, der für den ehemaligen Ministerpräsidenten im Vorlesungsverzeichnis vermerkt ist, nach Recherchen des Bündnisses für Menschenrechte nicht als eigener Raum, sondern als das Büro von Professor Andersen, der die Gastprofessur bis heute stark befürwortet. Der Gastprofessor und Menschenrechtsverbrecher wurde dort in den ersten sechs Wochen des Semesters nicht gesichtet.

Das „Bündnis für Menschenrechte an der RUB“ betrachtet mit diesem lautlosen Rückzug seine Forderungen noch längst nicht als erfüllt und wird die weitere Entwicklung, insbesondere die weitere Praxis der RUB in der Wahl ihrer Dozenten kritisch, beobachten.

i.A. Knut Rauchfuss